Biodiversität: Trendumkehr in der Landwirtschaft

Dass die Menschheit vor der Herausforderung steht, Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten, ist unumstritten. Der Rückgang der Artenvielfalt und Klimawandel werden mitunter auf die bisher vorwiegend intensive Landwirtschaft, unter anderem bedingt durch eine steigende Weltbevölkerung sowie Konsumgewohnheiten, zurückgeführt. Vor diesem Hintergrund steht die Landwirtschaft in Deutschland sowie global vor der Herausforderung, eine steigende Nachfrage nach Lebensmitteln sowie nachwachsenden Roh- und Betriebsstoffen für eine zirkuläre Kreislaufwirtschaft zu bedienen und dabei sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch-nachhaltig sowie klimaneutral zu produzieren. Ziel dieses Beitrags ist es, zu diskutieren, wie Biodiversität und Klimaschutz gefördert werden können, und wie dabei eine hohe Produktivität und Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft gewährleistet werden können.

Wie sieht eine Landwirtschaft aus, die Biodiversität und Klimaschutz fördert?

Zur Förderung von Biodiversität und Klimaschutz ist ein Landschaftsbild unabdingbar, welches durch vielfältige Landnutzungsarten und Landschaftselemente, wie etwa Hecken oder Blühstreifen, geprägt ist. Höhere Biodiversität wird unter anderem dadurch erreicht, dass durch diverse Wald-, Acker-, Grünland- und Brachflächen sowie Hecken ein vernetzter Lebensraum für Lebensarten geschaffen wird. Dieses „Mehr“ an Vielfalt kann darüber hinaus zu einer höheren Funktionalität des natürlichen Ökosystems führen, was z. B. zu einer höheren Bodenfruchtbarkeit und Wasserverfügbarkeit für Pflanzen führt und für eine hochproduktive Landwirtschaft wichtig ist. Neben Vielfalt in der Landschaft, ist Vielfalt auf den Feldern sowie eine Reduktion des Einsatzes von synthetischem Pflanzenschutz und Mineraldüngern für ein „Mehr“ an Biodiversität und Klimaschutz von Bedeutung.

Zur Illustration finden sich in Abbildung 1 eine eher homogene Landschaft (links) sowie eine Landschaft, die durch mehr Vielfalt geprägt ist (rechts). Exemplarisch wurden hier zwei Landschaftsausschnitte für Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2019 gewählt. Es wird deutlich, dass bei einem geringen Unterschied im Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche an der Gesamtfläche (80 % links versus 70 % rechts), die Vielfältigkeit einer Landschaft sehr unterschiedlich sein kann.

Abbildung 1
Landschaftsausschnitte Nordrhein-Westfalen
Landschaftsausschnitte Nordrhein-Westfalen

Quelle: Seifert et al. (2023).

Dabei spielt die Versiegelung durch bauliche Maßnahmen, insbesondere Stadtentwicklung und Infrastruktur, eine weitere wichtige Rolle. Auf versiegelten Flächen finden keine Ökosystemdienstleistungen, wie etwa Lebensraumbereitstellung oder Wasserkreislauf, statt. In Deutschland ist die landwirtschaftliche Nutzfläche von 16,704 Mio. ha im Jahr 2010 auf 16,595 Mio. ha im Jahr 2020 zurückgegangen. Gegenwärtig gehen – trotz aller Bemühungen, den sogenannten Flächenfraß zu stoppen – immer noch etwa 55 ha landwirtschaftliche Nutzfläche pro Tag verloren.

Wie der Strukturwandel in der Landwirtschaft die Landschaft prägt

In der deutschen Landwirtschaft ist ein starker Strukturwandel mit einem Trend hin zu größeren Bewirtschaftungseinheiten zu beobachten: In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Betriebe in Deutschland um etwa 3 % p. a. gesunken. Dabei ist die Zahl der kleinen Betriebe stark gesunken und die der großen Betriebe hat zugenommen. Die durchschnittliche Betriebsgröße ist von 28,8 ha im Jahr 1993 auf 63,2 ha im Jahr 2020 angestiegen. Landwirtschaft in Deutschland ist von einem Nord-Süd- sowie Ost-Westgefälle geprägt: die durchschnittliche Betriebsgröße in Brandenburg belief sich 2020 auf 242 ha, in Niedersachsen auf 73 ha und in Bayern auf 37 ha. Alle Regionen teilen jedoch den Trend zu größeren Bewirtschaftungseinheiten.

Wesentlicher Treiber des Strukturwandels sind Skaleneffekte. Wird beispielsweise eine moderne Pflanzenschutzspritze für 100 ha Fläche im Jahr genutzt, ist sie „unterbeschäftigt“. Würde man sie stärker (z. B. mit 200 ha Fläche) nutzen, könnte man ihre Kosten auf eine größere Produktmenge umlegen („Beschäftigungsdegression“). Hinzu kommt die „Verfahrensdegression“: die durchschnittlichen Bewirtschaftungskosten sinken mit der genutzten Fläche und ermöglichen dadurch einen Übergang zu neueren Verfahrenstechnologien. Dies kann für das Beispiel der Pflanzenschutzspritze eine automatische sensorbasierte Steuerung sein, die insgesamt den Pflanzenschutzmitteleinsatz verringern kann. Allerdings ist diese Technologie nur bei größerem Flächeneinsatz und bei größerer Arbeitsbreite, also großen Bewirtschaftungseinheiten, rentabel. Ähnliches gilt für intelligente Precision-Farming-Technologien oder organisatorisch-technischem Fortschritt zur Betriebsplanung und -optimierung, die weitere Einsparungen unter anderem durch verbessertes Düngemanagement ermöglichen.

Maschinen sind in der Regel mit hohen Investitions- und Einarbeitungskosten verbunden, die allerdings nicht teilbar sind. In kleineren Betrieben ist daher davon auszugehen, dass mit einer geringeren Auslastung der Maschine zu rechnen ist und demnach die Investition nicht rentabel ist. Anders sieht es bei Partizipation bei biologisch-technischem Fortschritt aus, z. B. Züchtungsfortschritt bei Saatgut, von welchem große wie kleine Betriebe profitieren können. Produktionsmittel, wie etwa Saatgut, sind auch in kleinen Einheiten zu erwerben. Allerdings ist Saatgutvermehrung ebenso von Skaleneffekten geprägt und oftmals sind Mengenrabatte im Einkauf möglich, wodurch wieder wirtschaftliche Anreize für größere Bewirtschaftungseinheiten geschaffen werden.

Die Kapitalintensität in der Landwirtschaft ist insgesamt sehr hoch: in deutschen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben wurden im Wirtschaftsjahr 2021/2022 durchschnittlich rund 775 Euro/ha investiert. Für einen Durchschnittsbetrieb mit 63,2 ha Fläche sind dies etwa 50.000 Euro pro Jahr. Aufgrund der relativen Preisverhältnisse von Arbeit und Kapital, dem Fachpersonalmangel und des rasanten technologischen Fortschritts mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) werden landwirtschaftliche Betriebe zukünftig noch mehr Geld für dauerhafte Produktionsmittel ausgeben. Dabei wird erwartet, dass der Trend, Arbeit gegen Kapital zu substituieren, sowie der Kostendruck zur Auslastung der Maschinen bestehen bleiben.

Ein weiterer Aspekt ist der Rückgang von Betrieben mit Tieren und der Trend zu mehr Tieren je Betrieb sowie eine immer stärker maisbetonte Fütterung. Damit einher geht ein Rückgang im Anbau von biologisch wertvollen Gemengen z. B. aus Weizen und Ackerbohnen. Hinzu kommen politische Anreize: so hat beispielsweise die Förderung von Biogas im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) einen wirtschaftlichen Anreiz verursacht, immer mehr Flächen mit Mais zur Verstromung durch Biogas zu kultivieren. Sowohl bei tierhaltenden Betrieben als auch bei Biogasanlagen spielen Skaleneffekte bei der wirtschaftlichen Futter- bzw. Substratgewinnung eine erhebliche Rolle.

Anhand dieser Beispiele zeigt sich, dass dynamischer technischer Fortschritt, Kostendruck und wirtschaftliche sowie politische Anreize zu einem Rückgang der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe hin zu größeren Bewirtschaftungseinheiten geführt haben. Als Folge dessen wird weniger Vielfalt im Bereich der betrieblichen Struktur auf dem Acker und in der Region beobachtet. Demgegenüber steht eine immense Produktivitätssteigerung: Im Vergleich der 10-Jahreszeiträume 1950 bis 1959 und 2011 bis 2020 konnte beispielsweise eine Steigerung der durchschnittlichen Hektarerträge bei Winterweizen um 165 % erreicht werden. Anders ausgedrückt: in den 1950er Jahren hat ein:e Landwirt:in etwa zehn Menschen ernährt, gegenwärtig sind es etwa 140.

Ein „Mehr“ an Biodiversität und Klimaschutz ohne dabei die Produktivität zu gefährden

Naheliegend erscheint zunächst die Umstellung auf biologische Landwirtschaft. Unstrittig ist, dass biologische Landwirtschaft im Vergleich zu konventioneller Bewirtschaftung zu weniger Biodiversitätsverlusten pro Flächeneinheit führt, unter anderem da auf synthetischen Pflanzenschutz komplett verzichtet wird. Allerdings sind Naturalerträge oft deutlich geringer und eine ökologische Bewirtschaftung in großen Feldern kann gleichermaßen zu einer homogenen Landschaft führen. Hinzu kommt, dass in biologischer Landwirtschaft Erträge meist weniger stabil sind. Demnach kann biologische Landwirtschaft einen Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt leisten, wird jedoch alleine nicht ausreichen, um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und den Biodiversitätsrückgang aufzuhalten. Dabei ist auch zu bedenken, dass trotz stetiger Züchtungsfortschritte weiterhin mit geringeren und instabileren Erträgen bei einer ökologischen Bewirtschaftung zu rechnen ist. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz weist in seinem Klimaschutzgutachten zudem darauf hin, dass in der ökologischen Landwirtschaft zwar die Treibhausgas- (THG-) Emissionen je Flächeneinheit in der Reihe geringer sind als in der konventionellen Landwirtschaft, aber „Für die Klimawirkung […] die produktbezogenen Emissionen relevant“ sind, wodurch die ökologische Bewirtschaftung mit Blick auf die THG-Emissionen je Ertragseinheit schlechter abschneidet.

Ein „Mehr“ an Vielfalt und reduzierter synthetischer Pflanzenschutz bei hoher Produktivität kann durch Züchtungsfortschritt kombiniert mit einer angepassten Bewirtschaftung erreicht werden. Unter anderem können vielfältigere Fruchtfolgen dazu beitragen, Beikrautwachstum zu unterdrücken, wodurch der Bedarf an Pflanzenschutzmaßnahmen reduziert werden kann – mit positiven wirtschaftlichen als auch ökologischen Effekten.

Der Einsatz von digitalen Technologien auf Basis von Sensoren, Robotern und KI ermöglicht bereits jetzt schon einen bedarfsgerechten und punktuellen Einsatz von synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen, was zu einer deutlichen Reduktion dieser und damit verbundenen positiven Umwelteffekten beitragen kann. Neue digitale Agro-Technologien ermöglichen darüber hinaus eine an natürliche Bodenstrukturen und an das lokale Klima angepasste Landbewirtschaftung, die für die Erreichung von Biodiversitätszielen wichtig ist. Der Einsatz dieser neuen Technologien ermöglicht „neue“ Formen der Bewirtschaftung, z. B. in streifen- oder schachbrettförmigen Mustern, die durch eine automatische Steuerung vereinfacht werden, sodass ein „Mehr“ an Diversität bei eher als moderat einzustufenden Kosten entstehen kann. Auch Agroforstsysteme, die Baumreihen und Feldfrüchte auf dem Acker oder Grünland kombinieren und damit Vielfalt schaffen, stellen eine weitere Möglichkeit dar. Unter dem Stichwort „Spot-Farming“ können auf Basis von Sensoren und Robotik gezielt Wald- sowie diverse Acker- und Grünlandnutzungen an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst werden. Die Bodenbearbeitung und Ernte können durch den Einsatz von KI und Robotik kleinräumig und individuell erfolgen. Hierdurch kann die Artenvielfalt gezielt gefördert werden, unter anderem weil neben Vielfalt direkt Lebensräume geschaffen werden.

Was die Umstellung auf eine nachhaltigere Landwirtschaft hemmt

Derzeit wird eine spürbare Zurückhaltung beobachtet, Formen der nachhaltigeren Landbewirtschaftung umzusetzen. Diese Zurückhaltung lässt sich unter anderem damit erklären, dass sich viele landwirtschaftliche Unternehmen damit konfrontiert sehen, einerseits ökologisch-nachhaltiger zu wirtschaften, andererseits unter einem steigenden Kostendruck und zunehmenden Risiko sowie Unsicherheiten aufgrund von Klimawandel langfristig rentabel zu wirtschaften. Positive Effekte von Fruchtfolgen z. B. für die Biodiversität liegen meist in der Zukunft und sind zudem mit Risiko behaftet, was eine Zurückhaltung weiterhin erklären kann. Nachteile aufgrund des Biodiversitätsrückgangs sind eher langfristiger Natur und nicht unbedingt unmittelbar spürbar für einzelne Betriebe. Hierdurch können Entscheidungen getrieben durch ökonomische Kriterien in den Vordergrund geraten. Ferner können Verhaltensfaktoren und Nachbarschaftseffekte beitragen: unter anderem spielen hierbei Traditionen oder Skepsis gegenüber neuen Technologien, die jeder aus Alltagsentscheidungen kennt, eine Rolle. Klimawandel bringt zudem nicht nur spürbare Nachteile mit sich. So kann eine adaptierte Vegetationsperiode für die landwirtschaftliche Erzeugung vorteilhaft sein, da unter anderem höhere Erträge möglich sind.

Umstellungen in der Bewirtschaftung gehen in der Regel mit zusätzlichen Kosten einher, z. B. digitale Technologien, die zum einen kapitalintensiv sind, und zum anderen mit einem relativ hohen Erstaufwand, wie etwa die Erfassung der Naturräume verbunden sind. Den Investitionen steht das Risiko gegenüber, dass die Umstellung nicht zu den gewünschten Erfolgen, wie Einsparung von Arbeitszeit, Düngern oder Pflanzenschutz, bei Beibehaltung der Produktivität führt. Dieses zusätzliche Risiko kommt zum ohnehin schon hohen Produktionsrisiko hinzu: unter anderem führen Hitze- und Dürreperioden oder Starkregen­ereignisse durch den Klimawandel zu immer mehr Ertragsausfällen und erhöhen den Kostendruck für landwirtschaftliche Unternehmen.

Gleichzeitig gibt es gesellschaftliche Erwartungen an die Landschaft sowie die Landbewirtschaftung, wie etwa die aufgeräumte, aber ökologisch nachteilige Landschaft, z. B. mit gemähten Ackerrandstreifen und gemulchten Blühstreifen, unabhängig davon, dass ein Blühstreifen nach der Hauptblüte gleichermaßen ökologisch vorteilhaft ist. Gerade solche Erwartungen können ein weiteres Hemmnis zur Umstellung der Bewirtschaftung sein.

Wie kann eine Umstellung auf eine nachhaltigere Landwirtschaft gelingen?

Um Biodiversität zu fördern, erscheint es zielführend, vorhandene, insbesondere politische Anreizsysteme zu überdenken. Beispielsweise werden Änderungen im Anbau oftmals aufgrund getätigter Investitionen z. B. in Biogas nicht umgesetzt. Der Schwerpunkt im Ackerbau solcher Betriebe liegt auf dem Anbau wirtschaftlichen Biogassubstrats. Gerade bei knappen und teuren Flächen bietet Mais eine vergleichsweise kostengünstige Option.

Es wird vielfach der Wunsch geäußert, dass die Landwirtschaft ausschließlich aus Familienbetrieben bestehen sollte, weil diese kleiner sind und somit zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Auch wird diskutiert, den Einsatz von digitalen Agro-Technologien politisch zu fördern. Hier ist zu beachten, dass autonome Fahrzeuge, KI und Roboter ebenso in großen Feldern schneller und effizienter arbeiten und somit kostengünstiger sind. Somit kann eine staatliche Förderung des Einsatzes von solchen Technologien eher kontraproduktiv sein und sogar Landwirtschaft in großem Maßstab mit großen Bewirtschaftungseinheiten weiter befördern. Unter Beachtung der zu erwartenden hohen gesellschaftlichen Kosten bei Nicht-Anpassung an den Klimawandel, erscheint eine Förderung von Biodiversität und Klimaschutz vertretbar. Zielführend ist dabei, von Vorstellungen, dass eine Betriebsgröße, eine bestimmte Technologie oder ein Bewirtschaftungsverfahren gefördert werden soll, abzuweichen. Wenn gesellschaftliche Beiträge zu Biodiversität und Klimaschutz von der Landwirtschaft erbracht werden sollen, dann sind klar definierte Ziele und Beiträge sowie deren Entlohnung sinnvoll, da Fördermaßnahmen der Politik gezielt darauf ausgerichtet werden können und dies Chancen auf eine breite Akzeptanz erhöht.

Um Biodiversität und Klimaschutz bei hoher Produktivität in der Landwirtschaft zu fördern, können gezielte Anreize zur Umstellung auf nachhaltigere Bewirtschaftungssysteme helfen. Hierbei ist zu beachten, dass das, was eine nachhaltige Landwirtschaft ausmacht, lokal sehr unterschiedlich sein kann. In die Zielformulierung und in den strategischen Prozess der Politikausgestaltung kann daher ein partizipativer Prozess unter Einbeziehung lokaler Beteiligter förderlich sein. Da die Landschaftsgestaltung von vielen Beteiligten abhängt, sind kooperative Ansätze der Förderung der individuellen Förderung vorzuziehen. Weiterhin können ergebnisorientierte Fördermaßnahmen im Vergleich zu einer starren Prozessregulierung zu mehr Erfolg in der Biodiversitäts- und Klimaschutzförderung beitragen, insbesondere dann, wenn mehrere Dimensionen von Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, also die Vereinbarkeit von ökonomischen und ökologischen Zielen. Das Risiko während Anpassungs- und Lernphasen bei der Umstellung der Bewirtschaftung zu teilen und Politiksicherheit zu gewährleisten, werden ebenso als erfolgsfördernd eingestuft. Abrupte Änderungen der Rahmenbedingungen durch die Politik wirken dabei nicht förderlich, vielmehr angebracht erscheint ein langfristiger „Fahrplan“ für Veränderungen der Rahmenbedingungen zu entwickeln. Bei Anpassungen an das Unvermeidbare wie den Klimawandel braucht die Landwirtschaft nicht auch noch zusätzlich abrupte institutionelle Änderungen, die zudem Vermögensverluste und volkswirtschaftliche Schäden verursachen.

Ergänzend eigenen sich Maßnahmen, die den geleisteten ökologischen Mehrwert durch eine angepasste Bewirtschaftung für die Gesellschaft sichtbar machen, was zum einen die Basis für eine Entlohnung darstellen kann, und zum anderen die Bereitschaft, mehr Fläche nachhaltiger zu bewirtschaften, positiv beeinflussen kann. Dem Ziel weiterhin zuträglich kann eine Beeinflussung von gesellschaftlichen Normen und Werten sein, sodass z. B. ein Wert einer „unaufgeräumten“ Landschaft für die Biodiversität wahrgenommen wird. So können gezielte Informationskampagnen zum ökologischen Mehrwert und Klimaschutz entlang des gesamten agrarischen Wertschöpfungsprozesses einen weiteren Weg darstellen. Neuere Studien zeigen zudem, dass gezielte Information z. B. durch Schockbilder ein weiteres Instrument darstellen kann, insbesondere zur Reduktion von synthetischem Pflanzenschutz.

Agrar- und Ernährungssysteme nachhaltiger gestalten

Die Hoffnung auf Veränderung zu mehr Biodiversität und Klimaschutz kann nicht alleinig in einen Sektor projiziert werden. Landwirtschaft ist Teil eines komplexen sozial-ökologischen Agrar- und Ernährungssystems. Charakteristisch sind vielschichtig vernetzte Interaktionen der einzelnen Verarbeitungs- und Wertschöpfungsstufen, die bestimmt werden von der Art, wie Personen miteinander und mit dem natürlichen und dem technologischen Ökosystem sowie mit der Gesellschaft in Interaktion treten. Gesellschaftliche Ernährungs- und Konsumgewohnheiten sind relevante Einflussfaktoren. Um ein insgesamt nachhaltigeres Agrar- und Ernährungssystem zu erreichen, erscheint ein grundlegender kultureller Wandel wichtig, der alle Bereiche des Systems sowie die Gesellschaft einschließt. Dazu gehört auch eine gesellschaftliche Bereitschaft zu Verzicht und zu einem angepassten Wirtschafts- und Lebensstil. Dabei werden Politikinitiativen, auch zur Förderung von Forschung und Entwicklung als weitere Komponente erachtet, unter anderem in Züchtungsfortschritt und -vielfalt, Agro-Technologien (KI, Roboter), alternative Proteinquellen und Kulturfleisch.

Zusammenfassung

Zur Förderung von Biodiversität ist ein vielfältiges Landschaftsbild notwendig. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft unter steigendem Kostendruck, hat zu einem Trend mit weniger Betrieben und größeren Bewirtschaftungseinheiten geführt. Die Trendumkehr stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit Bereitschaft zu Verzicht dar. Für den Beitrag der Landwirtschaft erscheinen neue Technologien mit künstlicher Intelligenz und „neuen“ Bewirtschaftungsformen vielversprechend, sodass eine Landwirtschaft mit mehr Vielfalt gleichermaßen wirtschaftlich ist. Eine Entlohnung des geleisteten ökologischen Mehrwerts durch die Landwirtschaft erscheint ebenso förderlich.
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Autoren: Hüttel, S., Mußhoff, O., „Nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft: Förderung von Biodiversität und Klimaneutralität“, Wirtschaftsdienst, 104. Jahrgang., Heft 3, 2024, Seite 165-169, Anmerkungen und Literaturverweise siehe dort, als Open Access | CC BY 4.0 | DOI: 10.2478/wd-2024-0057

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