Das neue Gebäudeenergiegesetz
Die Reform des Gebäudeenergiegesetzes zielt darauf ab, den Anteil erneuerbarer Energien im Gebäudebereich zu erhöhen. Die vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere der forcierte Einsatz von Wärmepumpen, sind jedoch ökologisch ineffektiv, da mögliche CO2-Einsparungen im Rahmen des nationalen Emissionshandelssystems keinen Effekt auf die gesamte Emissionsmenge Deutschlands haben. Der Einsatz von Wärmepumpen erfordert bei vielen Bestandsbauten hohe Investitionen, wodurch die durch die Gebäudeheizung erzielbaren CO2-Einsparungen wesentlich teurer sind als in anderen Bereichen. Schließlich steht der dirigistische Ansatz des Gesetzentwurfs im Widerspruch zu dem ordnungspolitischen Konzept der sozialen Marktwirtschaft.
Mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll der Anteil erneuerbarer Energien bei der Wärmeerzeugung deutlich erhöht und so der „Klimaschutz“ vorangebracht werden. Diesem Zweck dienen insbesondere die neuen bzw. geänderten §§ 71 bis 73, die das Heizen mit erneuerbaren Energien betreffen. Folgende Maßnahmen sind vorgesehen: Grundsätzlich gilt, dass Heizungsanlagen in Neu- und Bestandsbauten ab dem 1. Januar 2024 nur noch eingebaut werden dürfen, wenn sie mindestens 65 % der bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugen (§ 71 Abs. 1 GEG). Diese Anforderungen gelten als erfüllt für Fernwärme, die zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, Wärmepumpen, Stromdirektheizungen in gut gedämmten Gebäuden, solarthermische Anlagen, Heizungsanlagen, die mit Biomasse oder „grünem“ bzw. „blauem“ Wasserstoff betrieben werden sowie bestimmte Wärmepumpen- und Solarthermie-Hybridheizungen (§ 71 Abs. 3 GEG).
Diese Pflicht gilt allerdings nur nach Maßgabe einer Übergangsregelung, die auf die kommunale Wärmeplanung Bezug nimmt (§ 71 Abs. 8 GEG). Demnach gilt § 71 Abs. 1 GEG erst ab Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung, spätestens aber zum 1. Juli 2026 (in Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern) bzw. zum 1. Juli 2028 (in Kommunen mit höchstens 100.000 Einwohnern). In diesem Zeitraum eingebaute, mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizungen müssen aber ab 1. Januar 2029 einen von 15 % über 30 % bis auf 60 % steigenden Anteil von Biomasse bzw. blauem oder grünem Wasserstoff nutzen (§ 71 Abs. 9 GEG). Der Einbau einer solchen Heizung ist außerdem nur nach vorheriger Beratung möglich (§ 71 Abs. 11 GEG). Unabhängig davon gilt für alle Gebäudeeigentümer, die vor dem Kabinettsbeschluss vom 19. April 2023 eine Heizungsanlage bestellt haben, 18 Monate lang Vertrauensschutz (§ 71 Abs. 12 GEG).
Ebenfalls unabhängig von der Wärmeplanung gilt eine allgemeine Übergangsfrist für Bestandsgebäude (§ 71i GEG): Eine alte Heizungsanlage kann durch eine andere Anlage ersetzt werden, auch wenn diese die Anforderung von § 71 Abs. 1 GEG nicht erfüllt, darf aber nur höchstens fünf Jahre betrieben werden. Gasheizungen können auch nach Ablauf der erwähnten Fristen eingebaut und betrieben werden, wenn sie auf Betrieb mit 100 % Wasserstoff umrüstbar sind und bis Ende 2044 mit blauem bzw. grünem Wasserstoff versorgt werden können (§ 71k GEG). Ölheizungen im Bestand dürfen bis Ende 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden (§ 72 Abs. 4 GEG); für den Neueinbau gelten die Vorschriften von § 71 Abs. 8 und 9 GEG.
Das GEG ist nicht nur ökologisch ineffektiv, …
Aus ökonomischer Sicht sind die beiden Hauptkriterien zur Beurteilung der Eignung umweltpolitischer Maßnahmen deren ökologische Effektivität und deren Kosteneffizienz. Wenden wir uns zunächst ersterer zu und fragen, ob und inwieweit die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reduktion der Emission von CO2 beitragen. Für den Klimaeffekt von CO2 ist nur entscheidend, wieviel CO2 insgesamt emittiert wird. Es spielt mithin keine Rolle, wer wo wieviel im Einzelnen emittiert. Folglich ist ein kleinteiliger und sektorbezogener Ansatz zur Emissionsreduktion, wie ihn der vorliegende Gesetzentwurf verkörpert, prinzipiell verfehlt. Auf nationaler Ebene stellt die relevante Zielgröße die Summe der deutschen CO2-Emissionen dar.
Was die Emissionen durch Industrie, Stromerzeugung und Luftfahrt angeht, so unterliegen diese dem 2005 eingeführten europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS). Das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) wurde 2021 eingeführt. Es limitiert die jährlichen CO2-Emissionen, die in Deutschland durch die Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe in allen nicht dem EU-ETS unterliegenden Sektoren entstehen, also insbesondere in den Sektoren Straßenverkehr und Gebäudeheizung, daneben auch in den Sektoren Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Eisenbahnverkehr. Die jährliche Emissionshöchstmenge soll im Zeitablauf kontinuierlich sinken.
Weil die Emissionen des Gebäudesektors bereits dem nEHS unterliegen, sind damit alle weiteren diesbezüglichen Regulierungen redundant und ineffektiv. Sie haben keinerlei Auswirkungen auf die Höhe der CO2-Emissionen in Deutschland. Sollten die von der Bundesregierung angestrebten Emissionsminderungen bei der Gebäudeheizung tatsächlich realisiert werden, dann ändert sich dadurch die im Rahmen des nEHS erlaubte Emissionsmenge nicht. Die erbrachten Einsparungen werden lediglich dazu führen, dass in anderen Sektoren mehr emittiert wird. Dieses Verdikt gilt selbstverständlich nicht nur für die hier diskutierten Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien bei der Beheizung von Gebäuden, sondern auch für alle anderen auf den Gebäudesektor bezogenen Maßnahmen, also etwa Vorschriften zur Wärmedämmung oder zur Wartung von Heizungsanlagen.
Auf europäischer Ebene soll ab 2027 ein zweites Emissionshandelssystem (EU-ETS II) eingeführt werden, das aber nur den Gebäude- und den Straßenverkehrssektor betrifft (Wissenschaftliche Dienste, 2023). Ab diesem Zeitpunkt wird auf europäischer Ebene das gelten, was schon seit 2021 auf deutscher Ebene gilt: Alle gebäudesektorspezifischen Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen werden ins Leere laufen, weil sie sich nicht auf die im Rahmen des EU-ETS II erlaubte Emissionsmenge auswirken. Damit erübrigt sich eigentlich die Frage, ob und inwieweit es zu diesen Emissionsreduktionen kommt. Allerdings wird mitunter die Position vertreten, dass solche und ähnliche ordnungsrechtlich bewirkten Reduktionen Anlass zur Absenkung der Emissionsvolumina im Rahmen des nEHS bzw. des EU-ETS II geben können – und deshalb indirekt klimapolitisch wirksam wären. Deshalb soll in diesem Abschnitt der Versuch unternommen werden, zu einer Einschätzung der zu erwartenden Emissionsreduktion zu gelangen. Diese hängt entscheidend von der Emissionsintensität der Stromerzeugung ab, da ja die Wärmepumpe als „Goldstandard“ bei den Heizungen etabliert werden soll und diese mit Strom betrieben wird. Vergleicht man die CO2-Emissionen eines modernen Gasbrennwertkessels mit dem CO2-Fußabdruck einer Wärmepumpe, so gelangt man beim Strommix des Jahres 2022 (Anteil erneuerbarer Energien: 48,3 %) zu folgendem Ergebnis: Die Gasheizung emittiert pro kWh Wärme 0,178 kg CO2. Bei der Erzeugung 1 kWh Strom werden im Bundesdurchschnitt 0,494 kg CO2 freigesetzt. Unter günstigen Umständen liegt der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe etwa bei 3. Das heißt, diese erzeugt mit 1 kWh Strom 3 kWh Wärme. Pro kWh Wärme beträgt der CO2-Fußabdruck der Wärmepumpe also 0,165 kg CO2 (0,494 kg CO2/3). Im Vergleich zur Gasheizung lässt sich also nur eine CO2-Ersparnis von 7 % durch die Wärmepumpe erzielen (Vahrenholt, 2023). Und auch dies gilt nur, wenn eine Flächenheizung installiert und die Gebäudedämmung ausreichend ist. Dies ist aber nur bei rund der Hälfte der Bestandsgebäude der Fall.
Die Bundesregierung rechnete auf Grundlage des ursprünglichen Gesetzentwurfs damit, dass sich 2030 durch den forcierten Einsatz von Wärmepumpen zur Gebäudeheizung eine Einsparung von 10,5 Mio. t CO2 ergeben würde (BMWK, 2023). Relativ zu den gesamten deutschen CO2-Emissionen des Jahres 2022 in Höhe von 746 Mio. t sind das 1,4 %. Dies gilt jedoch nur, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung wie geplant bis 2030 auf 80 % gesteigert werden kann. Genau davon ist jedoch nicht auszugehen, weil der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie langsamer als geplant vorangeht, Stromspeicher und Übertragungsnetze fehlen und die Stromnachfrage steigen wird – einerseits durch die Elektromobilität, andererseits durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen. Ohnehin werden sich die durch das neue GEG erzielbaren CO2-Einsparungen infolge der Überarbeitung des ursprünglichen Entwurfs zumindest zeitlich nach hinten verschieben, vielleicht auch absolut reduzieren. Es kann also festgehalten werden, dass sich durch das GEG, selbst wenn man sich auf die Betrachtung des Gebäudesektors beschränkt, allenfalls geringe CO2-Einsparungen erzielen lassen und dass selbst diese recht unsicher sind. Vielleicht hat es ja die Bundesregierung aus diesem Grund vermieden, in der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf explizite Emissionsreduktionsziele zu nennen.
… sondern auch ökonomisch ineffizient
Ökologisch ineffektive Maßnahmen sind notwendigerweise auch ökonomisch ineffizient, unabhängig davon, wie hoch oder niedrig die Kosten auch sein mögen. Dennoch sollen im Folgenden Überlegungen zu den durch die Vorgaben zum Einsatz erneuerbarer Energien bei der Gebäudeheizung verursachten Kosten und zum Verhältnis derselben zu den im Gebäudesektor zu erwartenden CO2-Reduktionen angestellt werden. Leider sind die Angaben der Bundesregierung nicht nur mit den unvermeidlichen Unsicherheiten, die jeder Prognose von Kosten und Nutzen zwangsläufig anhaften, sondern auch durch eine unverkennbare Tendenz zum „Schönrechnen“ belastet. Dies fällt vor allem bei den Angaben zum Erfüllungsaufwand auf. Als Beispiel soll hier nur das Einfamilienhaus herausgegriffen werden. Die Investitionsmehrkosten einer Luft-Wasser-Wärmepumpe gegenüber einer Gasbrennwertheizung erscheinen im Fall von Häusern mit hohen Effizienzstandards noch nachvollziehbar. Für alle anderen Häuser sind die Mehrkosten deutlich zu gering angegeben. Viele dieser Häuser sind unzureichend gedämmt und verfügen nicht über Flächenheizungen mit einer niedrigen Vorlauftemperatur. Bei ihnen ist ein effizienter Einsatz von Wärmepumpen nur nach aufwendigen Investitionen möglich, für die 100.000 Euro wohl die Untergrenze darstellen dürften. Angesichts der Tatsache, dass 50 % der Wohngebäude im Bestand nicht für den Einsatz von Wärmepumpen geeignet sind (Holm und Pehnt, 2023, 8) und entsprechend aufwendig nachgerüstet werden müssen, stellen die Zahlen der Bundesregierung eine systematische Unterschätzung des gesamten Erfüllungsaufwands dar.
Daneben sind auch die Zahlen zu den durch den Einsatz einer Wärmepumpe möglichen Betriebskostenersparnissen überoptimistisch. Die Bundesregierung rechnet offenbar einerseits mit steigenden Gaspreisen, andererseits mit sinkenden Strompreisen (genaue Angaben zur Berechnung der Betriebskostenersparnis fehlen). Gerade die letztgenannte Annahme ist aber nicht haltbar. Einerseits sinkt das Angebot von Strom durch Kernenergie- und Kohleausstieg bei einem relativ langsamen Ausbau der erneuerbaren Energien; andererseits steigt die Nachfrage aufgrund von E-Mobilität und vermehrtem Wärmepumpeneinsatz. In dieser Konstellation erscheint die Annahme sinkender Strompreise extrem unrealistisch.
Das Ergebnis der Bundesregierung, wonach beim Einfamilienhaus in allen Sanierungszuständen der Einbau einer Luft-Wasser-Wärmepumpe „die wirtschaftlichste Erfüllungsoption“ sei, weil die Investitionsmehrkosten „über 18 Jahre vollständig durch Einsparungen bei den Betriebskosten kompensiert“ werden, ist deshalb eher das Resultat von Wunschdenken, als dass es den Tatsachen entspricht. Im Übrigen scheint auch die Bundesregierung selbst kein allzu großes Vertrauen in ihre Berechnungen zu haben. Denn wenn sie stimmen würden, bräuchte man das GEG gar nicht, um den Anteil erneuerbarer Energien bei der Gebäudeheizung zu steigern. Die Bürger würden dann aus wohlverstandenem Eigeninteresse und ohne staatlichen Zwang ihre Immobilien umrüsten.
Die folgenden, auf den Angaben der Bundesregierung beruhenden Berechnungen sind daher entsprechend vorsichtig zu interpretieren. Trotz dieser „geschönten“ Zahlen gelangt man zu Ergebnissen, die es nahelegen, dass die Maßnahmen des GEG zu teuer und kostenineffizient sind. Bis 2030 sollen 42,5 Mio. t CO2 durch die „Heizen-mit-Erneuerbaren-Vorgabe“ eingespart werden (BMWK, 2023). Da diese Vorgabe ab 2024 gelten soll bzw. sollte, ist dieser Einsparung der Erfüllungsaufwand in den Jahren 2024 bis 2030 gegenüberzustellen, der insgesamt 77,332 Mrd. Euro betragen soll. Die Reduktionskosten pro t CO2 belaufen sich mithin auf ca. 1.820 Euro. Aus den genannten Gründen dürfte der tatsächliche Wert noch wesentlich höher liegen. Aber schon diese Zahl zeigt im Vergleich mit dem aktuellen Zertifikatspreis im EU-ETS von ca. 90 Euro, dass der Einsatz von Wärmepumpen im Gebäudebereich kostenineffizient ist. Im Übrigen sei nochmals betont, dass man nur bei einer isolierten Betrachtung des Gebäudesektors überhaupt von einer Emissionsreduktion sprechen kann. Auf die gesamten deutschen CO2-Emissionen bezogen, ist die Reduktion ohnehin gleich null. Die von der Bundesregierung gemachten Angaben zu den Kosten beziehen sich fast ausschließlich auf den Ersatz von Gasheizungen durch Wärmepumpen. Völlig vernachlässigt werden die Kosten der Alternative Wasserstoff, obwohl dieser Energieträger explizit für den Einsatz bei neu eingebauten Gasheizungen gefordert wird (§§ 71 Abs. 9, 71k GEG). Der Grund dafür ist nicht schwer zu erkennen: Die Unsicherheiten sind hier noch viel größer als bei den anderen Energieträgern – und zwar nicht nur bezüglich des Preises, sondern auch der Verfügbarkeit in ausreichenden Mengen. Zunächst dürften die Umrüstungskosten des Gasnetzes auf Wasserstoff exorbitant sein. Zwar können moderne Gasheizungen Beimischungen von bis zu 20 % Wasserstoff vertragen, aber Heizungen, die überwiegend oder ausschließlich mit Wasserstoff betrieben werden, sind erst in der Entwicklung. Was das Gasnetz angeht, so sind Beimischungen von 10 % bis 20 % Wasserstoff unproblematisch. Für den Betrieb mit reinem Wasserstoff müssten dagegen große Teile des Netzes ausgetauscht werden. Für die Umrüstung des Gasnetzes ist mit mindestens 30 Mrd. Euro an Kosten zu rechnen und der Austausch bzw. die Umrüstung aller 6,5 Mio. Gasheizungen im Bestand würde mindestens 130 Mrd. Euro kosten (Kofner, 2023, 10). Wie viel blauer oder grüner Wasserstoff kosten wird, steht noch in den Sternen. Billig wird er jedenfalls nicht sein, da für die Erzeugung von Wasserstoff mit einem Energiegehalt von 1 kWh 2 kWh Strom benötigt werden. Angesichts der erwähnten Engpässe bei erneuerbaren Energien ist auch aus diesem Grund mit einem begrenzten Angebot und hohen Preisen von blauem bzw. grünem Wasserstoff zu rechnen. Es ist deshalb sehr riskant, sich darauf zu verlassen, dass Wasserstoff in absehbarer Zeit in solchen Mengen und zu solchen Preisen zur Verfügung stehen wird, dass er einen nennenswerten Beitrag zur Gebäudeheizung leisten kann. Verlässliche Angaben über die Kosten der auf diese Weise erzielbaren Emissionsreduktionen im Gebäudebereich lassen sich nicht machen, aber sie werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch über den Kosten durch den Einsatz von Wärmepumpen liegen.
Verteilungswirkungen
Von den Vorgaben des GEG sind große Teile der deutschen Bevölkerung direkt oder indirekt betroffen. 2021 waren ca. 4,4 Mio. Öl- und ca. 6,5 Mio. Gasheizungen in Betrieb und versorgten 74,3 % aller Wohnungen mit Wärme. Auch die Fernwärme, die in 14,1 % der Wohnungen genutzt wird, wird heute zum allergrößten Teil noch mit Öl, Gas oder Kohle erzeugt. Die Wärmeversorgung all dieser Wohnungen muss in absehbarer Zeit umgestellt werden, womit auf Millionen von Menschen hohe Kostenbelastungen zukommen – entweder als Eigentümer oder als Mieter. Die Bundesregierung plant verschiedene Maßnahmen, um diese Belastungen abzumildern und so die politische Akzeptanz für die Reform des GEG zu erhöhen. Was die Mieter betrifft, so soll im neu zu fassenden § 559 Abs. 3a BGB die mögliche Mieterhöhung infolge von durch § 71 GEG erzwungenen Modernisierungen auf 0,50 Euro pro qm und Monat beschränkt werden. Damit werden sich die Belastungen von Mieter durch das GEG in Grenzen halten. Sollte sich, wie von der Bundesregierung erwartet, eine Betriebskostenersparnis ergeben, würden die Mieter netto weniger belastet werden; umgekehrt folgt natürlich aus steigenden Betriebskosten eine höhere Belastung.
Angesichts der hohen Kosten, die mit der Erfüllung der Anforderungen des GEG einhergehen, ist klar, dass die Eigentümer von Wohnungen und Häusern, entweder in ihrer Eigenschaft als Selbstnutzer oder als Vermieter, diejenigen sein werden, die den Großteil der Lasten zu tragen haben werden. Zur Entlastung der Eigentümer plant die Bundesregierung umfangreiche Fördermaßnahmen. § 89 GEG verpflichtet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zur Erarbeitung eines Förderkonzepts. Zwar sind viele Einzelheiten unklar, doch lässt sich aus volkswirtschaftlicher Sicht schon heute Folgendes sagen:
Erstens wird dadurch ein weiteres Mal deutlich, dass die Bundesregierung kein Vertrauen in ihre eigenen Berechnungen und die angebliche einzelwirtschaftliche Rentabilität der durch das GEG geforderten Maßnahmen hat. Würden diese Berechnungen stimmen und wären die Maßnahmen einzelwirtschaftlich rentabel, dann bräuchte man überhaupt keine Förderung in Form von Zuschüssen. Allenfalls könnte man über Kreditprogramme für bestimmte Einkommens- und Altersgruppen zum Ausgleich möglicher Kapitalmarktineffizienzen nachdenken.
Zweitens ändert die Entlastung der Eigentümer nichts an der Höhe der gesamtwirtschaftlichen Kosten und an der Tatsache, dass dieselben infolge der konstatierten Ineffektivität und Ineffizienz der geplanten Maßnahmen eine Ressourcenverschwendung darstellen. Die Kosten werden nur umverteilt: von den Immobilieneigentümern auf die Gesamtheit der Steuerzahler. Dadurch erhöhen sich die Gesamtkosten sogar noch: Denn Umverteilungsmaßnahmen führen zwangsläufig zu weiteren Ineffizienzen und zusätzlichen Kosten.
Drittens wird es erhebliche Mitnahmeeffekte dadurch geben, dass keine Subjekt-, sondern eine Objektförderung betrieben werden soll. Diese Effekte treten nicht nur auf der Nachfrageseite auf, wenn die Förderung von nicht bedürftigen Haushalten in Anspruch genommen wird, sondern auch auf der Angebotsseite: Durch die abnehmende Preisempfindlichkeit der Nachfrager sinkt der Wettbewerbsdruck und steigt der Preissetzungsspielraum der Anbieter. So wird die Förderung wahrscheinlich dazu führen, dass es gerade nicht zu dem von der Bundesregierung für 2029 in Aussicht gestellten Preisrückgang von 30 % bei Wärmepumpen kommen wird.
Viertens werden die Kosten in jedem Fall exorbitant sein: Rechnet man mit einer durchschnittlichen Förderquote von 50 % und förderfähigen Investitionen von im Durchschnitt nur 20.000 Euro, so würde die Förderung des Ersatzes der 6,5 Mio. Gas- und 4,4 Mio. Ölheizungen im Bestand die Summe von 109 Mrd. Euro kosten.
Zur Ordnungskonformität des GEG
Das GEG stellt ein weiteres Beispiel dafür dar, wie die ordnungspolitischen Grundlagen unserer sozialen Marktwirtschaft zunehmend ausgehöhlt werden. Die soziale Marktwirtschaft beruht auf dem Leitbild des eigenverantwortlich handelnden Menschen. Aufgabe des Staates ist die Vorgabe eines Ordnungsrahmens, innerhalb dessen sich Eigeninitiative und Unternehmertum entfalten können. Aber ordnungspolitische Grundsätze und die Prinzipien von Markt und Wettbewerb spielen heute kaum eine Rolle mehr, Haushalte und Unternehmen werden nicht nur durch immer höhere Steuern und Abgaben belastet – was, wenn dieselben eine gewisse Höhe nicht übersteigen, immerhin marktsystemkonform ist. Zunehmend werden aber nicht nur marktwirtschaftliche Instrumente, sonder auch und vor allem dirigistische Preissetzungsmechanismen und ordnungsrechtliche Vorgaben eingesetzt. Immer mehr Vorschriften, Gebote und Verbote schränken den Handlungs- und Entscheidungsspielraum von Unternehmen und Haushalten immer stärker ein. Um die privaten Wirtschaftssubjekte mit diesem Dirigismus zu versöhnen, werden einerseits die Sozialausgaben immer mehr erhöht und andererseits milliardenschwere Subventionen gezahlt. Auf diese Weise macht der Staat Haushalte und Unternehmen systematisch von sich abhängig; er nimmt ihnen nicht nur die wirtschaftliche Freiheit, sondern gewöhnt sie auch daran, sich immer stärker auf ihn zu verlassen. Dadurch wird das Konzept der Marktwirtschaft pervertiert, in dem ja die Eigeninitiative und die freie Entscheidung von Haushalten und Unternehmen eine zentrale Rolle spielen.
Fazit
Der vorliegende Gesetzentwurf ist (auch in seiner überarbeiteten Fassung) aus volkswirtschaftlicher Sicht äußerst kritisch zu beurteilen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ökologisch ineffektiv, ökonomisch ineffizient und mit der Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft nicht konform. Es ist zu hoffen, dass die Politik den ihr vom Bundesverfassungsgericht gewährten Aufschub nutzt und sich zur Abkehr von diesem Vorhaben entschließt.
Dieser Beitrag basiert auf der schriftlichen Stellungnahme, die für die Anhörung im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie am 3. Juli 2023 abgegeben wurde.
Anmerkungen:
- „Blauer“ Wasserstoff wird aus Erdgas hergestellt, wobei das dabei entstehende CO2 zu einem bestimmten Prozentsatz gespeichert oder gebunden werden muss. „Grüner“ Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser mittels erneuerbarer Energien gewonnen, dabei wird kein CO2 freigesetzt.
- CO2 ist mit Abstand das bedeutendste Treibhausgas und das einzig relevante Treibhausgas im Zusammenhang mit der Gebäudeheizung. Deshalb beziehe ich mich im Folgenden ausschließlich auf dieses Gas.
- Dies gilt auf nationaler Ebene strenggenommen erst ab 2026, da bis Ende 2025 die eigentlich maximal erlaubten jährlichen Emissionsmengen überschritten werden dürfen. In diesem Fall muss allerdings ein Ausgleich geschaffen werden, wie z.B. durch den Ankauf von Emissionszertifikaten aus anderen EU-Ländern, sodass das GEG auch vor 2026 in jedem Fall auf europäischer Ebene redundant ist.
- Ein solches Vorgehen würde den Sinn und Zweck eines Zertifikatshandelssystems vollkommen ad absurdum führen. Denn bei einem solchen System soll ja eine Reduktionsvorgabe kostenminimal umgesetzt werden – und nicht die Gesamtemissionsmenge an ordnungsrechtlich erzwungene und damit kostenineffiziente Reduktionen angepasst werden.
- Dazu addiert werden müssten noch die CO2-Reduktionen, die die aufgrund der Vorgaben des GEG bis 2030 installierten Wärmepumpen in ihrer Restlebensdauer erbringen. Diese Angaben sind leider nicht verfügbar.
- Andere Kostenschätzungen liegen wesentlich höher. So geht beispielsweise der Energieökonom Manuel Frondel bis 2045 von einer Summe von 225 Mrd. Euro aus (Böhm, 2023); der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, rechnet für denselben Zeitraum sogar mit einem Betrag von „mindestens“ 2.500 Mrd. Euro (Douglas, 2023). Auf Grundlage der Regierungsangaben würde man dagegen bis 2045 auf einen Wert von „nur“ 196 Mrd. Euro kommen.
- Ein Vergleich mit dem Zertifikatspreis im nEHS verbietet sich, da der Zertifikatspreis bis einschließlich 2025 politisch festgelegt wird, also keine Aussage über die Reduktionskosten erlaubt.
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Autor: Söllner, F.,“Das neue Gebäudeenergiegesetz“, Wirtschaftsdienst, 103. Jahrgang., Heft 9, 2023, Seiten 619-623, Literaturverweise siehe dort, als Open Access | CC BY 4.0 | DOI: 10.2478/wd-2023-0173
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