Marktmacht im Wandel

Vor dem Zeitalter der Digitalisierung beklagten Warenproduzenten die große Marktmacht des Handels, insbesondere des stationären Einzelhandels. Bis auf das Segment Lebensmittel – und dort vor allem der Handel mit verderblicher Ware – hat sich das Machtgefüge inzwischen deutlich verschoben. Konnten die Hersteller davon profitieren?

Online-Bestellungen und Versand durch bundesweite Paketdienste gehören für viele Menschen mittlerweile zum ganz normalen Einkaufsverhalten. Direktvermarktung ist somit nicht mehr regional begrenzt.

Die Vermutung lag nahe, dass die zusätzlichen Absatzmöglichkeiten im Internet den Herstellern größere Umsätze, höhere Margen und auch steigende Gewinne bringen würden. Das Gegenteil trat ein. Die meisten waren nicht in der Lage, profitable – selbstverwaltete – Onlineshops für Endkunden aufzubauen. Entweder hatten sie den Aufwand für die Erstellung und den Betrieb eines eigenen Internetangebots unterschätzt oder sie scheiterten beim Versuch, alte und neue Kunden auf ihr Internetangebot aufmerksam zu machen.

Als ideale und zugleich kostengünstige Lösung des Problems stellten sich Online-Marktplätze heraus, die sich bereits erfolgreich etabliert hatten. Erste Anlaufstelle war oft Ebay. Das dortige Konzept läßt aber insbesondere Premiumherstellern kaum eine Chance, sich eigenständig und als Marke zu präsentieren. Sortimente und auch Einzelartikel gehen unter in dem unerschöpflichen Massenangebot aus neuen und ge‍brauchten Waren, die von Privatanbietern, Händlern und Produzenten – sofort oder per Auk‍tion oder mit Preisvorschlag – gekauft werden können.

Ein gänzlich anderes Konzept bot ein Anbieter, der durch den Aufbau eines Versandhandels für Bücher bereits bewiesen hatte, wie erfolgreich das Onlinegeschäft auch für Individualisten und selbst Neueinsteiger sein kann: Amazon.

Amazon öffnete seine Plattform, um anderen Unternehmern dieselbe Möglichkeit zu bieten – ohne Zwischenhandel – eigene Waren in eigenen Shops zu vermarkten. Allen Marktplatzteilnehmern stand – neben dem großen Erfahrungsschatz – auch die inzwischen perfektionierte Logistik des Betreibers offen. Viele Einsteiger nutzten dieses Angebot. Es ermöglichte ihnen, sich auf ihr Kerngeschäft, die Herstellung oder den Einkauf ihrer Waren, zu konzentrieren.

Da Amazon aber irgendwann so groß und übermächtig wurde, entstanden neue Probleme für die Nutzer des Portals. Amazon fing an, die Regeln zu seinem Vorteil zu verändern und stieg, wenn möglich, selbst als Wettbewerber ein, sobald ein Produkt eines Händlers besonders erfolgreich wurde. Einmal etabliert, ist ein Ausstieg aus dem Amazon-Marktplatz für viele Anbieter trotzdem nicht mehr möglich. Es fehlen die Zeit, das Geld, die Alternativen und vor allem die Kunden, die man mittlerweile an den Amazon-Marktplatz gebunden hatte.

Der Versuch, den stationären Einzelhandel zu umgehen, entpuppte sich für die Produzenten und Händler als Bumerang. Jetzt müssen sie miterleben, wie ein System, zu dessen Macht und Unentbehrlichkeit sie selbst beigetragen haben, die eigenen Partner kannibalisiert.

Einziger Trost: Durch neue Technologien, neue Konzepte, neue Konkurrenzen, (erzwungene) politische Entscheidungen oder ein sonstiges plötzliches Ereignis können sich die Machtverhältnisse jederzeit wieder verschieben – mit neuen Chancen für neue Mitspieler. Die in den vergangenen Monaten gestiegenen Energiepreise haben durchaus das Potential, derartige Veränderungen schon bald herbeizuführen.

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